Herr Fechner, wie und wann begann für Sie der Aufbruch in die 4. Revolution?

Hermann Scheer, den ich seit langem kenne und als kämpferischen, starken und gradlinigen Mann schätze, rief mich im Januar 2006 an. „Kennst du mein neues Buch?“, fragte er. Und dann erzählte er mir zwei Stunden lang von „Energy Autonomy“. Ich war fasziniert. Das Thema erschien mir so groß, dass es einen Kinofilm rechtfertigte, der eine lösungsorientierte Vision zeigt und nicht die Katastrophe beschwört. Wir suchten nach einer Dramaturgie, die jeden anspricht, denn dieses Thema muss global angegangen werden. Energy Autonomy – das ist die Klammer, die Milliarden von Menschen vereinen kann! Sie können ihr Leben selbst in die Hand nehmen und Ungleichheiten überwinden. Wir zeigen dabei nicht nur das technologisch Machbare, sondern gesellschaftspolitische Lösungen. Ich bin überzeugt, wir können durch Energy Autonomy mehr Gerechtigkeit, weniger Krieg und die Überwindung der Armut erreichen. Und das ist revolutionär!

Sie forschen seit langem nach Vorbildern für nachhaltiges Handeln. Wo liegt das Schlüsselerlebnis für Ihren Film?

Noch immer haben zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu Strom! Als ich vor 30 Jahren als 26jähriger Student der Medienpädagogik in Burkina Faso in einem Dorf für meine Diplomarbeit forschte, musste ich meine Aufzeichnungen nachts mit der Taschenlampe machen. Noch heute sitzen die Menschen ohne Strom da. Ich bin überzeugt, die überfällige Veränderung gibt es nur mit dem dezentralen Einsatz erneuerbarer Energien.
In der 4. Revolution ist unser Ansatz, hoffnungsvolle Lösungen anzubieten. Dieser spezielle Blickwinkel wurde bei mir durch den 2. Irakkrieg 1990, 1991 initiiert. Wir waren damals die einzigen Journalisten, die unabhängig in engem Kontakt mit der Friedensbewegung für öffentlich-rechtliche Sender berichteten. Nach und nach kriegst du mit, dass du auch als Friedensfilmer für Kriegsgeschichten engagiert wirst, wenn auch mit einem anderen Blick. Da wurde mir klar: Wenn du so weitermachst, wirst Du Teil des Systems. Wir entwickelten also einen anderen Blick auf die Themen und luden die Zuschauer ein, an positiven Entwicklungen teilzunehmen.

Und wann begann konkret die Reise in die 4. Revolution?

Gedreht haben wir von September 2008 bis Februar 2009 an insgesamt 60 Tagen und in elf Ländern. Aber die Vorarbeit ging natürlich viel eher los: Wir haben zunächst weltweit recherchiert mit Experten: Welche Menschen verkörpern unsere Themen wahrhaftig? Parallel dazu musste das finanzielle Konzept der Basisbeteiligung entwickelt werden. Heute sind wir der Überzeugung, dass wir die entscheidenden Protagonisten auf der Erde gefunden haben, die das Thema in ihrer ganzen Tiefe durchdrungen haben. Jeder Protagonist steht für einen Teil des gesamten Themas.

Welche Begegnung, welches Ereignis hat Sie bei den Dreharbeiten persönlich am meisten beeindruckt?

Am meisten beeindruckt hat mich Muhammad Yunus mit seinen Mikrokrediten für arme Menschen. Das ist das tollste Projekt, die Frauen sind toll. Die lösen das Problem wirklich in ihrem Land, in ihrem Dorf, in ihrer Hütte. Das ist ein Aufbruch in einem islamischen Land in jeder Hinsicht. Das funktioniert!
Oder nehmen Sie unser Beispiel aus Baden-Württemberg. Wir zeigen die Renovierung eines ganz normalen durchschnittlichen Hauses. Das kann überall stehen. Es wird so umgebaut, dass es 40 Prozent weniger fossile Energie verbraucht. Die Mieter sind glücklich. Sie sparen enorme Betriebskosten und leben in einer verbesserten Wohnqualität.